Ursula
Schultz
Referat: Kneipptherapie entstanden in einem
Seminar der Reihe "Gesundheitsbildung-Online"
des ZfuW der Universität Kaiserslautern. Teilnehmer
sind ca. 30 Personen, die sich für Gesundheitsthemen
interessieren z.B. Ärzte, Psychologen, Apotheker, Studenten,
Heilpraktiker, Pfleger
Referat: Die Kneipptherapie
Die Grundidee und Grundlagen der Kneippmethode hat eine
lange Geschichte. Schon die Menschen der Antike erkannten
die heilenden Kräften der Natur. Einer der bekanntesten
Vertreter ist Hippokrates. Er behandelte seine Patienten
mit Wasseranwendungen jeglicher Art, Ernährungsplänen,
Bewegung, Arzneien (Heilkräuter) und Luftbädern. Auch
Hippokrates forderte dabei, dass man die Konstitution
(Erbanlagen und Umwelt) des Patienten, sowie den Zustand
des ganzen Menschen bei der Behandlung mit einbeziehen
muss. Kneipp wurde auf die Heilung durch Wasseranwendungen
durch ein Buch des Arztes Dr. Med. Johann Sigmund Hahn
aufmerksam. Zu diese Zeit war Sebastian Kneipp selber
an einer Lungentuberkulose erkrankt und es bestand kaum
Hoffnung auf Heilung. Kneipp behandelte sich nach den
Anweisungen Hahns und wurde wieder gesund. Seine Berufung
sah Kneipp darin als Seelsorger tätig zu sein. Durch
seinen Heilerfolg kamen jedoch die Menschen zu ihm,
um sich von ihm heilen zu lassen. Er blieb bei seinen
Behandlungen nicht bei der Hydrotherapie stehen. Auch
andere Reize wie Luft, Licht, Bewegung, Ruhe, eine sinnvolle
Ernährung und die Betrachtung des Menschen als ganzes,
seiner Physis, bezog Kneipp in seine Therapie mit ein.
Hieraus leiten sich die fünf Fundamente der Kneipp-Heillehre
ab:
Hydro- und Balneotherapie
Bewegungstherapie, Ernährungstherapie, Phytotherapie
u. Ordnungstherapie
1. Hydro- und Balneotherapie
Die Kneippsche
Wasserkur kennt ca. 120 verschiedene Einzelanwendungen,
die in der Temperatur abgestuft, miteinander kombiniert
und untereinander variiert werden können. Die Grundformen
der Hydro- und Balneotherapie sind Waschungen, Wickel,
Auflagen, Packungen, Güsse, Bäder und Dämpfe. Die allgemeine
Wirkung der Kur, soweit es sich auf die einwirkende
Temperatur bezieht, beeinflußt die Durchblutung und
die Herz- und Kreislauffunktionen. Auf Wärme- und Kältereize
reagiert der Kreislauf mit Erweiterung oder Verengung
der Blutgefäße, mit Beschleunigung oder Verlangsamung
der Herztätigkeiten. So kann man das Herz und den Kreislauf
und damit die eigene Leistungsfähigkeit auf Dauer trainieren.
Neben den erwarteten Reaktionen auf eine Kalt- bzw.
Warmanwendung gibt es eine Gruppe von Fehlreaktionen,
denen geschultes Personal sofort entgegenhandeln kann.
Grundsätzlich gilt, dass eine Therapie nur nach Rücksprache
mit einem kundigen Arzt durchgeführt werden
sollte. Grundprinzip der Kur ist, dass nur ein gut erwärmter
Körper behandelt werden darf. Die Erwärmung erfolgt
durch mäßige Bewegung oder Bettruhe. Nach der Anwendung
werden nur die an der Luft befindlichen Körperteile
getrocknet. Durch Bewegung oder Bettruhe im erwärmten
Bett, ist ansonsten für die Trocknung und Dauererwärmung
zu sorgen. Die oft schwierigen Anwendungen sollten von
geschultem Badepersonal vorgenommen oder in speziellen
Kursen erlernt werden. Die Therapie mit Wasser ist keine
punktuelle, kurzfristige Behandlung, sondern sollte
als
Langzeittherapie gesehen werden, die den Körper und
die Seele trainiert. Bei jeder Wasseranwendung reagiert
immer der ganze Mensch als Leib-Seele-Einheit. Beide
stehen in einer engen Wechselbeziehung.
2. Bewegungstherapie
Zur Therapie nach Kneipp
zählt auch die Bewegungstherapie. Hierbei wird die aktive
und die passive Bewegung unterschieden. Unter der aktiven
Bewegung wird nicht die sportliche Betätigung bis zur
völligen Erschöpfung verstanden, sondern eine Aktivität
zur Kräftigung des Körpers und der Seele. Einerseits
soll der Körper trainiert werden um widerstandsfähiger
zu sein, andererseits soll die sportliche Aktivität
ein Ausgleich zum täglichen Alltagsstress darstellen.
Empfohlen werden Turnen, Wandern, Schwimmen, Gymnastik,
Walking oder Jogging. Der Freizeitsport ist aber nicht
zu verwechseln mit dem Leistungssport. Unter der passiven
Bewegung versteht man die Bewegung durch andere Menschen
(Massage, Krankengymnastik) oder durch Apparate ausgelöste
Bewegungen.
3. Ernährungstherapie
Eine naturgemäße Ernährung
ist ein unbedingter Bestandteil der Kneippkur. Kneipp
selber forderte zu seiner Zeit eine vorwiegend lacto-vegetabile
Kost mit Einschränkung des Fleischverzehrs und der Genussmittel.
Er verurteilte auch den Gebrauch von Weißmehl und empfahl
eine möglichst naturbelassene und schonende Zubereitung
der Lebensmittel, um die Vitamine und Wirkstoffe zu
erhalten. Seit dem Tod von Sebastian Kneipp hat die
Ernährungswissenschaft große Fortschritte gemacht und
durch die Technisierung des Menschen sind die Ernährungsanforderungen
stark verändert. Dennoch haben die Grundideen
von Sebastian Kneipp heute noch seine Berechtigung.
Der Kneipp-Bund hat in Zusammenarbeit mit der Deutschen
Gesellschaft für Ernährung (DGE) Ernährungsvorschläge
herausgegeben. Kurz zusammengefaßt lauten sie: nicht
zu fett essen, keine leeren Kalorien zu sich nehmen
(Zucker, Weißmehl), Vollkornprodukte bevorzugen, Fleischverzehr
einschränken, täglich Milchprodukte zu sich nehmen,
mit Salz sparsam umgehen, täglich Obst und Gemüse essen,
Speisen schonend zubereiten, Kaffee, Tee und Alkohol
nur in Maßen genießen.
4. Phytotherapie
In der Kneippkur
werden auch Arzneimittel angewendet. Im Rahmen der Kur
versteht man darunter sowohl die Anwendung der Heilkräuter
in den
verschiedenen Zubereitungsformen als auch spezifische
chemische Mittel der Arzneimittelherstellung. Die Arzneibehandlung
steht bei einer Kneippkur aber nicht im Mittelpunkt,
sondern soll eine ergänzende Maßnahme sein. Im Rahmen
der Kur nach Kneipp wird sich ein erfahrener Arzt immer
eher der modernen Heilpflanzenbehandlung bedienen als
den chemisch hergestellten Medikamenten. Die Heilkräuter
sollen den noch arbeitenden, wenn auch schwachen, Organismus
unterstützen und trainieren, um eine volle Funktionsfähigkeit
wiederzuerlangen. Hier wird auch eine Grenze der Kneipptherapie
deutlich. Wenn keine ausreichende Regulation des Organismus
mehr möglich ist, z.B. bei Starre oder Erschöpfung der
Reglersysteme (ZNS, VNS oder Inkretorium) oder ein akutes
Herz- Kreislaufversagen vorliegt, kann eine Kneippkur
nicht angewendet werden und es muss auf eine Arzneitherapie
zurückgegriffen werden; ebenso, bei Mangelzustände,
die eine Ergänzung fordern (Vitamin-, Ferment-, Magensaftmangel),
Seuchen, bei vielen Infektionen oder seelischen Erkrankungen.
An eine Grenze stößt die Therapie auch, wenn der Patient
nicht gewillt oder nicht in der Lage ist, die natürlichen
Lebens- und Heilreize, die eine aktive Mithilfe voraussetzen,
anzuwenden oder der behandelnde Arzt zu geringe Kenntnisse
von den Möglichkeiten der Naturheilkunde hat.
5. Ordnungstherapie
Gesund ist nur derjenige,
der es gelernt hat, mit sich selbst, seiner Umwelt und
dem Herrgott fertig zu werden.; (Sebastian Kneipp) Es
geht bei der Ordnungstherapie um ein Lebensordnungsprinzip
des einzelnen, unter Berücksichtigung seiner individuellen
Vorgeschichte und Lebensführung. Der Patient selber
muss die Bereitschaft mitbringen, sich auf eine Veränderung
einzulassen und daran aktiv mitzuwirken. Es geht dabei
um ein Meiden und
um ein Tun. Gemieden werden soll jede Unordnung und
Disharmonie im geistig-seelischen Bereich. Hierzu gehören
z.B. fehlen eines Lebenssinns oder -inhaltes,
keine konkrete Aufgabe im Leben zu haben oder sich nicht
angenommen und geborgen zu fühlen. Der Patient muss
für sich einen Lebenssinn finden und zu seinem Leben
" ja" sagen, egal wie seine körperliche
Verfassung ist. Erst als man den Zustand ihrer Seele
erkannte und dahinein Ordnung brachte, ging es mit dem
körperlichen Leiden auch besser. "Wer das Leben
nicht vom Geistig-Seelischen aus meistert, wird immer
krank, niemals gesund." (Sebastian Kneipp)
6. Heilanzeigen der Kneipptherapie
Eine Vielzahl von Erkrankungen
können durch eine Kneipptherapie behandelt werden. Ebenso
kann sie zur Prävention oder Rehabilitation eingesetzt
werden. Alle an dieser Stelle aufzuführen, würde den
Rahmen sprengen. Kontraindikationen sind jedoch alle
Zustände, die eine besondere Klinik-, Krankenhaus- oder
irgendwelche Isolierbehandlung notwendig machen oder
bei denen keine körpereigenen Regulationen ausgelöst
werden können.
Ungeeignet sind auch echte Psychosen und reine Pflegefälle.
Quellen
Das große Kneippbuch,
Handbuch der naturgemäßen Lebens- und Heilweise, Dr.
Med. Josef H. Kaiser (Hrsg.), Ehrenwirth, 7. Aufl.,
einmalige
Jubiläumsausgabe, München: Ehrenwirth, 1981 Die moderne
Kneippkur, Altes Wissen neu entdeckt, Dr. Med. Josef
H.Kaiser, Econ-Taschenbuch-Verlag, Düsseldorf 1988
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