Der folgende Beitrag wurde
als Seminarbeitrag von Dr. Stefanie Groß erstellt.
Dieses Seminar wird vom ZfuW
(Zentrum für universitäre Weiterbildung) der Uni Kaiserslautern
als Online-Seminar für Menschen in Gesundheitsberufen gestaltet,
bietet aber allen Interessierten die Möglichkeit der Teilnahme.
Anmeldungen zum Seminar Gesundheitsbildung
Online unter: www.zfuw.uni-kl.de
Die anthroposophische Medizin
Die anthroposophische Medizin
versteht sich als Erweiterung der klassischen naturwissenschaftlich
orientierten Medizin, nicht als eine alternative Methode dazu.
Sie ergänzt das naturwissenschaftliche Verständnis des Menschen,
mit seine physikalisch messbaren und chemisch nachvollziehbaren
Prozessen um die seelisch-geistige Komponente. Das Wort Anthroposophie
stammt aus dem Griechischen: "Anthropos": Mensch,
"Sophia": Weisheit also wörtlich übersetzt die Menschenweisheit.
Begründer der Anthroposophie war Rudolf Steiner (1861-1925)
. Vielen ist er im Zusammenhang mit Walldorfschulen ein Begriff.
1913 begründete Steiner die anthroposophische Gesellschaft
in der Nähe von Basel. Zusammen mit der Ärztin Ita Wegmann
und anderen Ärzten entwickelte Steiner 1920 ein ganzheitliches
Krankheits- und Therapiekonzept. Dabei ließ er die unterschiedlichsten
Philosophien aus Ost und West einfließen. Eine Rolle spielt
dabei auch die Idee des Karma: Der Geist des Menschen reift
durch wiederholte Existenzen. Krankheit wird als Chance zu
weiterem inneren Wachstum angesehen. Der menschliche Organismus
ist Träger der Selbstheilungskräfte; Aufgabe der Medizin ist
es daher, diese Selbstheilungskräfte zu unterstützen, gleichsam
Impulse zu geben. Bei Diagnostik und Therapie werden durchaus
die modernen apparativen Möglichkeiten der Medizin genutzt.
Auch den modernen Pharmaka steht die anthroposophische Medizin
nicht grundsätzlich ablehnend gegenüber. So kann es beispielsweise
bei einem Notfall nötig sein, den Organismus so weit in seiner
Funktion zu unterstützen, dass die Selbstheilungskräfte erst
wirken können.
Das anthroposophische Menschenbild: Der Mensch ist eine Organisation
verschiedener Ebenen, die sich gegenseitig unterschiedlich
beeinflussen. Grundlage ist das materielle Menschenbild, an
dem naturwissenschaftliche Forschung betrieben werden kann.
Der Mensch besteht nach
Auffassung der Anthroposophen aber nicht nur aus seinem materiellen
Körper, sondern es werden zusätzlich noch drei weitere Seinsebenen
unterschieden: die der Lebensvorgänge, der Seele und des Geistigen.
Entsprechend dieser Einteilung unterscheidet man also:
1. Das Feste, den physischen
Leib, der messbar und physikalisch-chemisch quantifizierbar
ist.
2. Das Flüssige, den aetherischen
Leib: Er stellt die Funktionsordnung dar, die den menschlichen
Körper zum Träger individuellen Lebens macht. Seine Merkmale
sind: Vererbung, Wachstum, Regeneration und Organfunktion.
3.Die Luft, den Astralleib:
Er ist der Träger seelischer Kräfte. Seine Merkmale
sind also Begierde, Wünsche, Lust und Sympathie.
4. Die Wärme, die Ich-Organisation
macht den Körper zum Träger der geistigen Individualität.
Es besteht so die Möglichkeit der Selbstbeherrschung, des
Selbstbewußtseins. Diese vier Wesensglieder unterliegen bestimmten
für sie charakteristischen Gesetzmäßigkeiten.
Es werden allerdings nicht
nur vier Wesensglieder unterschieden, sodern auch drei morphologisch
funktionelle Systeme:
1. Das Nerven-Sinnes-System
: Zentrum in der Schädelhöhle, seelische Funktion: Träger
des Denkens.
2.Das rhythmische System: Zentrum
in der Brusthöhle, seelische Funktion: Träger des Fühlens
3.Das Stoffwechsel Gliedmaßen
System: Zentrum in den Stoffwechselorganen des Bauches und
in den Gliedmaßen.
Diese vier Wesensglieder und
drei Systeme stehen in einem dynamischen Gleichgewicht, die
den Gesundheitszustand eines Menschen bestimmen.
Anthroposophische Heilmittel: Die Medikamente sollen nicht
nur auf die Symptome der Krankheit einwirken, sondern auch
die Selbstheilungskräfte des Menschen unterstützen. Das anthroposophische
Heilmittel stellt das Bindeglied zwischen Mensch und Natur
dar. Dabei ist eine Substanz aus der Natur nur selten direkt
wirksam, es kommt auch auf die Zubereitung der Medikamente
an. Für Interessierte: Das Unternehmen Weleda stellt seit
Jahren Medikamente und andere Produkte nach dem anthroposophischen
Prinzip her, auf ihrer Homepage kann man sich über das Herstellungsverfahren
informieren: http://www.naturdrogerie.ch/Weleda/
So dürfen nach dem anthroposophischen
Verständnis nur Rohstoffe aus biologisch dynamischen Anbau
verwendet werden, dies geht auf die Lehre von Steiner zurück.
Je nach Ausgangssubstanz der verschiedenen Medikamente wirken
sie unterschiedlich auf die verschiedenen Seinsebenen: Mineralische
Ausgangsstoffe, wie Metalle, Salze, Edelsteine wirken auf
die Ich-Organisation. Pflanzliche Ausgangsstoffe wirken auf
den Astralleib.
Organische Ausgangsstoffe wirken auf den Aetherleib. Für die
Wirksamkeit der Medikamente kommt es zudem auf die Art der
Verabreichung an: als Zäpfchen, als Tablette, als Injektion
... . Hierin unterscheiden sich die anthroposophischen Heilmittel
nicht von klassischen Pharmaka. Neben anthroposophischen Heilmitteln
haben sich auch andere Formen der Therapie entwickelt: a)
äußere Anwendungen wie rhythmische Einreibungen und
Massagen, Metallsalben und Öldispersionsbäder b) künstlerische
Therapien wie Plastizieren, Sprachtherapie und Musiktherapie
c) Psychotherapie, mit Einbeziehung des biographischen Aspektes.
Grundlage dieser unterschiedlichen Therapieformen ist auch
hier die Selbstheilung des Patienten. Im Umgang mit Sprache,
Musik und anderen künstlerischen Tätigkeiten soll er sich
mit seiner Krankheit auseinandersetzen; er soll mit diesen
künstlerischen Tätigkeiten ausdrücken, wie er sich selbst
fühlt und sich etwas Gutes tun. Diese Therapieverfahren werden
allerdings nicht von den
Krankenkassen bezahlt, selbst wenn der verordnende Arzt eine
entsprechende Qualifikation vorweisen kann. Die Kosten für
anthroposophische Heilmittel werden manchmal von den Krankenkassen
übernommen.
Zahlen und Fakten: 1976 wurde die anthroposophische Medizin
erstmals im deutschen Arzneimittelgesetz genannt und neben
der Homöopathie und der Phytotherapie als besondere Therapierichtung
anerkannt. In Deutschland arbeiten ca. 6000 Ärzte, sowie 7
Kliniken nach dem anthroposophischen Prinzip. In der Schweiz
gibt es einen "Fähigkeitsnachweis für Ärzte für anthroposophisch
erweiterte Medizin" in der offiziellen
Weiterbildungsordnung. Im November 2000 wurde in Österreich
das " Diplom komplementäre Medizin/anthroposophische
Medizin " eingeführt.
Abschließende Worte: Rudolf Steiner als Person und seine anthroposophischen
Ideen einschließlich der oben dargestellten Heilkunde sind
nicht unumstritten: Diagnostik und Therapie entziehen sich
oft naturwissenschaftlichen Nachweisen. Die Anwendung verschiedener
Heilmittel beruht auf einzelnen Erfahrungsberichten, nicht
auf in standartisierten Tests gefundenen Erkenntnissen. Es
werden auch schädliche Metalle verwendet, zum Beispiel Quecksilber.
Nicht zuletzt halten manche Kritiker Rudolf Steiner für geisteskrank;
er soll schizophrene Züge gehabt haben. Unbestrittener
Vorteil ist jedoch, dass die anthroposophische Medizin den
Patienten in seiner Ganzheit zu sehen versucht: den Kranken
in seiner besonderen biographischen, individuellen Krankheitssituation.
Durch die Idee der Selbstheilungskräfte wird der Patient vom
willenlosen Objekt der Medizin zum handelnden Subjekt.
Persönliche Anmerkung zum Schluss:
Sollte nicht jede Art von Medizin "anthroposophisch"
im Sinne des Wortes sein?
Für Interessierte: Auch die anthroposophische Medizin arbeitet
mit potenzierten Arzneimitteln. (Vergl. Referat zum Thema
Homöopathie), es existieren jedoch einige Unterschiede:
1. Die anthroposophischen Heilmittel
dürfen nicht für sich alleine betrachtet werden. Sie gehören
in den Zusammenhang des anthroposophischen
Weltbildes. Es wird nicht ein Medikament gesucht, das ein
Symptom lindert, sondern der Mensch wird in seiner Gesamtheit
betrachtet. S.O.
2. Der anthroposophische Arzt
arbeitet in der Regel mit höher potenzierten Arzneimitteln,
bis ca D30, die Homöopathen bis zu LM Potenzierungen.
3. Es gibt auch Kombinationspräparate
Eine interessante Zusammenfassung dazu findet sich unter:
http://www.info3.de/archiv/info3/Artikel/1999-07/799maris.html
Quellen: Reader zum Seminar,
http://www.meine-gesundheit.de/natur/texte/anthro.htm
http://138.190.140.83/anthroposophische_medizin_d.htm
http://www.google.de/search?q=anthroposophische+Medizin&hl=de&start=0&sa=N
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